netwriting - kollaborative schreibexperimente in netzen

netwriting verknüpft die Methoden des Kreativen Schreibens mit den Ausdrucks- und Gestaltspotentialen vernetzter Computer.


miteinander macht mehr kunst!

Die Umgangsformen beim Chatten in künstlerischen Zusammenhängen haben wenig mit der allgemein verbreiteten Chatiquette (z. B. www.chatiquette.de) gemeinsam. Ich unternehme deshalb hier den Versuch, meine bisherigen Erfahrungen mit künstlerischen Schöpfungsprozessen beim Chatten in eine Chatiquette für ChatKunst einfließen zu lassen.

Der Chat selbst ist das Kunstwerk!
Prozesshaft, radikal und im höchsten Maße flüchtig. Die bleibenden Skripte sind nicht mehr und nicht weniger als eine Erinnerungsspur, aber auch Ausgangspunkt für weitere künstlerische Prozesse.

Finde einen Modus!
Spüre einzeln, in festen oder wechselnden Gruppen die gestalterischen Möglichkeiten des Chats auf und entwickle sie weiter.

Experimentiere mit allen Mitteln!
Mit Nicknames, Sprach- und Schreibspielen, Methoden des Kreativen Schreibens, Interdisziplinarität (Theater, Film, Musik), Verknüpfungen mit Bildern und Verlinkungen, Verschiebung der Parameter: wer liest wessen Text wielange? -> der Autor ist nicht mehr der erste Leser seines Textes; ...

Mach das Unwahrscheinliche wahrscheinlich!
„Künstlerische Entscheidungen sind solche, die sich über Konventionen hinwegsetzen - gesellschaftliche wie künstlerische. Dieses sich-über-die-Konventionen Hinwegsetzen ist konstitutiv für das Entstehen von Kunstwerken. Damit ist das Entstehen von Kunst unwahrscheinlich.“ (Michael Lingner)

Lass Dich enttäuschen!
Der Aneignungsprozess des künstlerischen Mediums Chat ist der über die enttäuschten Erwartungen. Bekannte Produktions- und Rezeptionsmuster sind nicht in der Lage, die inneren und äußeren Prozesse der ChatKunst abzubilden: Man erwartet ETWAS, was aber nicht eintritt. Stattdessen vollzieht sich ETWAS ANDERES im Verborgenen, das erst bei näherer Betrachtung des Produktes und des Prozesses zum Vorschein kommt.

Finde Deinen Chat-Ausdruck!
Jeder hat seine Art zu chatten, so wie jede KünstlerIn ihre Art hat, Kunst in die Welt zu setzen. Trete in den Gruppenprozess hinein und trete von Zeit zu Zeit auch wieder heraus. Binde das Wahrgenommene ans Eigene, entwickle es zu einem Gemeinsamen weiter.

Öffne die „Steigrohre des Unbewussten“!
Völlig unwillkürlich und zeitlich begrenzt verdichtet sich der Chat manchmal zu einem produktiven Höhepunkt des kreativen Schöpfungsprozess, in dem Vorangegangenes sich zu einer Essenz kristallisiert. Für diese Momente müssen die Chatter sich - und ihre „Steigrohre des Unbewussten“ - öffnen.

Pflege die ChatKunst!
Das Chatten als künstlerischer Prozess ist wie ein Stein, der Andere(s) ins Rollen bringt. Es aktiviert und stimuliert den Einzelnen und die Gruppe auf spezielle Art und Weise. Es ist wie das Erlernen eines Instrumentes oder einer Körperübung (z. B. Tai Chi), das unmerklich Einfluss auf andere Lebensbereiche nimmt und Zeit braucht, ehe die Bemühungen Früchte tragen. ChatKunst fördert die assoziative und sprachliche Gewandtheit auch über den Chat hinaus. Es fühlt sich so an als würden die Worte und Bilder enger zusammenrücken. Pflege die ChatKunst so oft und regelmäßig wie möglich, z. B. im SchreibNetz unter: http://www.schreiben-hamburg.de

(Aus: NetzKunstWörterbuch: Chatiquette der ChatKunst von Yvonne Fietz)

netwriting: am anfang war die inspiration
Inspiriert durch den AHA-Chat (HyperCard), den Yvonne Fietz an der Hamburger Hochschule für bildende Künste kennenlernte, entwickelte sie zusammen mit Kerstin Hof das netwriting, das die Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten vernetzter Computer mit den Methoden des Kreativen Schreibens verbindet. Erstmalig erprobt wurde das netwriting im November 1998 im Rahmen der Europäischen Woche der Suchtprävention in den netwriting-Workshops LoveCHAT. Im Rahmen der digitelle, die im Juli 2000 stattfand, gab es eine Praxiswerkstatt netwriting. Im Winter 2000/2001 wurde das Internetprojekt SchreibNetz durchgeführt, bei dem die Hamburger Schreib- und Literaturszene schreibend miteinander vernetzt wurde. Gemeinsamer Ausgangspunkt einer spannenden Entdeckungsreise zu den Potentialen des Internets und in die l(i)ebenswerten Ecken und Winkel der Metropole Hamburg bildete das Motto "Die geschwätzige Stadt..." Die Webseiten des SchreibNetz-Projekts dienen als Forum für das kreative und literarische Schreiben in Netzen und bietet u. a. auch die Möglichkeit für halb/öffentliche und geschlossene SchreibChats .


netwriting-workshops im angebot
Die Verknüpfung der Methoden des Kreativen Schreibens mit den gestalterischen Potentialen vernetzter Computer eignet sich hervorragend für (Netz)Kulturprojekte, in denen die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema im Mittelpunkt steht. Das netwriting-Konzept ist offen für jede Generation und ermöglicht vor allem Mädchen und Frauen einen mühelosen Einstieg in die Untiefen der Netztechnik. Da die Einführung ins netwriting auch mit der Vermittlung von Grundlagen zur Webseitenerstellung (Netscape Composer, Frontpage Express oder Dreamweaver) verbunden ist, ist es ein kurzer Weg zur Digitalkamera und digitalen Bildbearbeitung sowie Einbindung derselben in die Webseiten. Je nach Dauer des Projekts ist neben einer Einführung ins Internet und seinen Kommunikationsmöglichkeiten (E-Mail, Forum, Gästebuch etc.) auch das Arbeiten in virtuellen Arbeitsgruppen möglich.
Setzen Sie sich einfach direkt mit mir in Verbindung, auf Wunsch liefere ich "maßgeschneiderte" Konzepte.

zur person: yvonne fietz
Jahrgang 1964, lebt und arbeitet in Hamburg, Literaturwissenschaftlerin M. A.
Öffentlichkeits- und Medienarbeit; Chefredaktion, Layout und Produktion der Kulturzeitschrift Querstreifen, Durchführung und Unterstützung diverser (Netz)Kunst- und Kulturprojekte sowie Fachtagungen. Seit 1998 netwriting-Workshops und Netzkunstprojekte, Studien zum Thema Literatur und Internet, insbesondere Hyperfiction und kollaborative (Mit)Schreibprojekte.
Jüngste Sprösslinge: SchreibNetz und Hybridenmuseum.